Neue Medien: Veit Dengler NZZ an der GV der IHZ

Neue Medien und kostenlose Inhalte

Wer etwas lernen oder sich eine Meinung bilden will, ist auf Informationen angewiesen, welche Neue Medien zu einem grossen Teil kostenlos online verfügbar machen. Doch qualitativ hochwertige Inhalte zu produzieren kostet. Veit V. Dengler, CEO der NZZ Mediengruppe, erklärt an der Generalversammlung der IHZ, wie er den Teufelskreis durchbrechen will.


Das Bild der Teufelsfalle der neuen Medien wäre vermutlich treffender als jenes des Teufelskreises. Denn, so Veit Dengler, die Medienhäuser haben es selbst verschuldet, dass Sie vor rund 20 Jahren angefangen haben das Wertvollste über Neue Medien wegzuschenken, was sie zu bieten hatten: ihre Inhalte.
Und noch etwas wurde bei seinem Vortrag vor den IHZ Mitgliedern schnell klar: um sich aus der Teufelsfalle der neuen Medien zu befreien, braucht es ein Umdenken.

Neue Medien und ihre Rolle

Die Rolle der Medien hat sich fundamental gewandelt. So schnell wie heute eine Neuigkeit über Twitter vermittelt wird, so schnell kann keine Redaktion mehr arbeiten – auch wenn sie ein aufwändiges Korrespondentennetz betreiben würde. Daraus ergeben sich für die Arbeitsweise von Redaktionen im Umfeld neuer Medien zwei Schlussfolgerungen:
Erstens muss sich die Rolle des Journalisten verändern. Journalistinnen und Journalisten sind noch stärker gefordert Neues einzuordnen, zu verbinden, zu bewerten. Das Verkünden einer Neuigkeit erfolgt viel schneller über Soziale Medien wie Twitter und wird im Tagesjournalismus zur wichtigen Nebensache.

Neue Medien rund um die Uhr

Daraus  folgt zweitens, dass diese Analysen, das Hinterfragen und Einordnen, viel stärker auf das Nutzerverhalten der Medienkonsumenten ausgerichtet werden muss. Redaktionsschluss um 17 Uhr, das war einmal. Heute ist rund um die Uhr Redaktionsschluss oder zumindest mehrmals täglich, wie Veit Dengler ausführt: am Morgen früh, am Mittag, am Vorabend und gegen 9 Uhr Abends, lassen sich die Menschen informieren, über das, was in der Zwischenzeit auf der Welt geschehen ist. Eine Redaktion, welche  dieses Medienverhalten ignoriert und auf diese „Peaks“ nicht produziert, wird nicht wahrgenommen und macht sich selber überflüssig.

Informationen statt Hundefutter

Gemäss Veit Dengler gäbe es natürlich auch andere Strategien, um diesem „Sunset-Business“ wie er es nannte, zu entfliehen und als Zeitungsunternehmen die Herausforderungen, welche Neue Medien darstellen, zu meistern. So investiere und expandiere die Konkurrenz zum Beispiel erfolgreich in das Geschäft mit Katzen- und Hundefutter. Das aber sei die Sache der NZZ nicht. Man konzentriere sich auf die Publizistik, das Kerngeschäft der NZZ seit 1870.
Allerdings müsse man sich bei dieser Strategie auch mit für traditionelle Zeitungen neuen Geschäftsmodellen auseinandersetzen – wie beispielsweise dem Live Journalismus.
Das Spannende dabei ist, dass das Angebot neuer Möglichkeiten in keiner Weise klar und eindeutig auf die Art der Nutzung dieser Neuen Medien schliessen lässt. Denn – und dies sei in keiner Weise ein neues Phänomen – haben Medien immer wieder gezeigt, dass der Nutzungszweck einer Neuerung verändert, angepasst oder – dies wohl das eindrücklichste Beispiel des Abends – gar nicht erkannt wurde. So hätten die Inkas, obwohl Sie ein langes Strassennetzgebaut hätten, das Rad als dekoratives Element für Figuren genutzt, seien aber nicht auf die Idee gekommen, dieses auch für Transportzwecke zu verwenden.

Jaguar auf Rädern: Ethnologisches Museum Berlin (Foto Martin Franken)
Jaguar auf Rädern: Ethnologisches Museum Berlin (Foto Martin Franken)

In diesem Umfeld – und das gilt nicht nur für Medienunternehmen wie die NZZ, sondern auch für Unternehmen im Bildungsbereich, wie rissip oder die Klubschule Migros, wird es eine grosse Herausforderung sein, zu erkennen, wie, welche neuen Medien nutzbringend eingesetzt werden können, um die Kunden noch besser zu informieren und zu schulen – so dass Sie bereit sind auch dafür zu bezahlen….damit der Teufelskreis durchbrochen oder eben die Teufelsfalle verlassen werden kann.

Interessanter Blog-Artikel zum Thema Untergang des Journalismus:  Wolfgang Blau (14.5.2015)

Autor
Markus Schärli
Über:
Experte für didaktische Unternehmenskommunikation. Er verfügt über langjährige Erfahrung als Journalist (Zeitung, Radio, Fernsehen) als auch als Managing Director einer internationalen Firma in der Unternehmenskommunikation und Gründer des E-Learning Spezialisten rissip. Er ist Dozent für Unternehmenskommunikation an der Hochschule Luzern und Co-Autor des E-Books: „Personal erfolgreich und effizient schulen".
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