Lernen in Aktion

Beim Lernen Online- und Präsenztrainings kombinieren

E-Learning-Angebote eignen sich hervorragend für Unternehmen, um Grundlagenwissen breitflächig zu schulen. Den besten Lernerfolg erzielt ein Unternehmen aber in Kombination mit erlebtem, sozialem Lernen – dem bewährten Lernen in der Gruppe. Die Kommunikationsexpertin und Schauspielerin Dagmar Kossow erklärt, wie theoretisches Wissen in praxis- und realitätsnahen Situationen in der Gruppe angewandt wird.

Frau Kossow, in Ihren Trainings übernehmen Sie als Schauspielerin die Rolle eines Kunden oder Patienten. Wie unterscheidet sich ein solches Training von klassischen – meist ungeliebten – Rollenspielen?

Dagmar Kossow: Es handelt sich tatsächlich nicht um klassische Rollenspiele. In den Trainings geht es darum, konkrete Situationen nachzuspielen. Situationen, mit denen Mitarbeitende häufig konfrontiert sind. Ein Hersteller von Fenstern zum Beispiel wollte im Kurs «Nonverbale Kommunikation» schwierige Situationen mit Kunden üben. Ich übernehme jeweils eine bestimmte Rolle. Als Schauspielerin spüre ich sehr schnell, worauf die Situation abzielt und wen ich weshalb darstellen soll. Ich erfasse die Nuancen, die eine Szene echt machen, und bleibe in der Rolle. Auch mit Ärzten oder Pflegepersonal trainiere ich oft. In diesem Bereich geht es immer auch um Emotionen. In diese fühle ich mich rein. Die ganze Bandbreite an Emotionen wie Trauer oder aggressivem Verhalten kann ich auf Knopfdruck abrufen. Dies bewirkt, dass die Teilnehmenden in die Situation eintauchen und vergessen, dass sie etwas nachspielen. Sie sammeln in einer Laborsituation echte Erfahrungen, auf die sie im Beruf später zurückgreifen können.

Ist der Kunde der Regisseur oder schreiben Sie das Drehbuch der Trainings?

D. K: Das ist unterschiedlich. Je nachdem, wo der Schuh drückt, bereiten wir Szenen vor und gehen sie vor dem Training zusammen mit dem Kunden durch – oder wir improvisieren vor Ort. Manchmal spielen wir nach Modellszenen, also fertigen Szenen, anhand welcher technische Details oder Verhaltensmuster Schritt für Schritt analysiert und verbessert werden. Alle Varianten haben zum Ziel, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausprobieren, erleben und lernen.

Feedback und direkte Kommunikation sind für den Lernerfolg unerlässlich. Wie gehen Sie damit um, wenn Teilnehmende in der Gruppe blockiert sind?

D. K: Es gibt keinen Zwang, niemand muss mitmachen. Vieles können die Teilnehmenden auch beim Zuschauen und Beobachten lernen – oder beim anschliessenden Gespräch nach einer gespielten Situation. Mit Geduld und Zeit legt sich die Anfangsnervosität meist. Sobald jemand den Anfang macht, ist der Damm in der Regel gebrochen. Es sind immer entspannte, spielerische Situationen. Blossgestellt wird niemand, es ist kein Wettbewerb. Die Gruppe kann nur profitieren. Das merken die Leute jeweils schnell.

Sind Sie bei Ihren Trainings Coach oder Schauspielerin?

D. K: Das kommt auf den Auftrag an. Manche Kunden engagieren mich als Schauspielerin für eine Rolle, manche als Sparringpartner. Meist gebe ich Feedback aus der Rolle heraus, sage, wie ich eine Szene empfunden habe. Je nach Auftrag übernehme ich den Part der Ausbildnerin oder jenen der Schauspielerin – manchmal sogar beide. Auch für mich ist jedes Training sehr lehrreich und veranlasst mich, die Unterrichtsform laufend weiterzuentwickeln.

Welchen Nutzen ziehen Unternehmen daraus, wenn sie zusätzlich zum Training digitale Inhalte zur Vor- und Nachbereitung einsetzen?

D. K: Die Praxis ist überaus wichtig. Nach dem Vorbereitungsteil, meist in Form von spezifischen Online-Trainings im Selbststudium, ist es ausschlaggebend zu überprüfen, was das theoretisch Gelernte tatsächlich bedeutet. Fragen tauchen oft erst in der Anwendung auf. Es geht darum, konkret auszuprobieren und zu klären, was der Einzelne verstanden hat. Die Interaktion und der Dialog mit den anderen Teilnehmenden bewirken ein nachhaltigeres Lernen als das Lesen am Bildschirm. Wenn der Teilnehmer das Gelernte bereits einmal umgesetzt hat, ist der Schritt in die Praxis kleiner. Wenn es bei Pflegenden beispielsweise darum geht, neue Herangehensweisen für schwierige Gespräche zu üben, getrauen sie sich eher, diese im Ernstfall anzuwenden, wenn sie sie bereits geprobt haben. Sie wissen, welche Wirkung ihr Handeln erzielt und werden mutiger. Dank den jederzeit abrufbaren Online-Trainings können Trainingsinhalte für die spätere Vertiefung zur Verfügung gestellt werden, zum Beispiel Fotoprotokolle, Checklisten oder – besonders wirkungsvoll – während des Trainings erstellte Videoaufnahmen.

 

Dagmar Kossow ist Schauspielerin und Regisseurin interaktiver Theatermethoden. Als Coach und Trainerin unterstützt sie Firmen und Institutionen mit Seminaren im Bereich Gesprächsführung und Kommunikation. Zusammen mit rissip entwickelt sie Trainings als Blended Learning-Angebote.

Lesen Sie im nächsten Beitrag, wie sich konkrete Aufgabestellungen – sogenannte «Use Cases» – von Unternehmen mit unterschiedlichen Lernformen kombinieren lassen, um das bestmögliche Resultat und den grössten Lernerfolg zu erzielen.

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Autor
Armin Riebli
Über:
Armin Riebli, eidg. dipl. Kaufmann, Ausbilder mit eidg. FA und zertifizierter Innovationsmanager ist Experte für Schulungslösungen mit Langzeitwirkung. Dabei liegt der Fokus auf der bestmöglichen Kombination von Schulungsformen und -methodik für die Teilnehmenden. Er verfügt über langjährige Erfahrung als Bereichsleiter für Firmenkunden (B2B). Armin Riebli ist heute tätig als Geschäftsleiter des Blended-Learning-Spezialisten rissip. Daneben gibt er sein Wissen als Trainer weiter. Seine Spezialthemen sind Verhandlungstraining, Kundenbegeisterung und Kommunikation.
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